Jetzt, wo ich hier bin,
an einem Ort ohne Richtung,
ohne Uhr,
ohne Körper,
ohne das ständige Drängen von gestern und morgen,
jetzt wird mir klar,
wie blind ich war.

Ich sehe mein Leben vor mir,
nicht mehr durch die trüben Scheiben,
durch die ich früher geschaut habe,
sondern durch klare Gläser,
durchsichtiger als Wasser,
ehrlicher als jeder Spiegel,
und ich frage mich:
Wie konnte ich so viel übersehen?

Da war dieser Duft,
dieser leichte, kaum greifbare Hauch
einer Blume im Frühling.
Ein Duft, der mich hätte beruhigen können,
wenn ich ihn nur wirklich eingeatmet hätte.
Aber ich war zu schnell,
zu beschäftigt,
zu sehr damit beschäftigt,
irgendwohin zu wollen,
wo ich nie angekommen bin.

Da war dieser Sand,
warm,
weiß,
fein,
der durch meine Finger rieselte,
als wollte er mir sagen:
„Spür mich.
Spür dich.“
Aber ich habe ihn nicht gehalten.
Ich habe das Gefühl nicht gehalten.
Ich habe mich selbst nicht gehalten.

Da war dieses Lächeln eines Kindes,
so ehrlich,
so ungeschminkt,
so frei von allem,
was Erwachsene kompliziert macht.
Ein Lächeln,
das mich hätte öffnen können,
wenn ich es zugelassen hätte.
Aber ich war verschlossen,
verhärtet,
abgelenkt.
Ich habe nicht geantwortet.
Nicht wirklich.

Da war dieser Wald,
früh am Morgen,
so still,
dass die Stille selbst ein Klang war.
Und ein einzelner Vogel,
der rief,
als würde er mich erinnern wollen,
dass die Welt nicht laut sein muss,
um bedeutungsvoll zu sein.
Ich hätte antworten können.
Ich hätte zuhören können.
Aber ich war taub
für das, was leise ist.

Da war dieses Wasser,
klar,
rein,
lebendig,
nicht verdorben,
nicht verschmutzt,
nicht überlagert von dem,
was Menschen der Welt antun.
Ein einziger Schluck davon
hätte mich aufladen können,
hätte mich zurückgebracht,
hätte mich genährt.
Aber ich habe nicht getrunken.
Ich habe mich nicht genährt.
Ich habe mich selbst verdursten lassen,
mitten im Überfluss.

Und jetzt,
wo ich hier bin,
außerhalb von allem,
wird mir klar:
Ich habe gelebt,
aber nicht bewusst.
Ich habe funktioniert,
aber nicht gefühlt.
Ich habe gesehen,
aber nicht wahrgenommen.

Ich dachte immer,
Bewusstsein sei etwas,
das man automatisch hat,
wenn man lebt.
Aber jetzt weiß ich:
Bewusstsein ist eine Entscheidung.
Ein Blick.
Ein Atemzug.
Ein Innehalten.
Ein „Ich bin hier“,
das man sich selbst schenkt.

Ich sehe mein Leben
wie eine Landschaft,
die ich durchquert habe,
ohne je stehen zu bleiben.
Ich sehe Momente,
die ich hätte feiern können.
Ich sehe Schönheit,
die ich hätte spüren können.
Ich sehe Stille,
die ich hätte hören können.

Und ich sehe mich,
wie ich durch all das hindurchgehe,
als wäre es Kulisse,
nicht Welt.
Als wäre es Hintergrund,
nicht Heimat.
Als wäre es Nebensache,
nicht Leben.

Ich hätte bewusster leben sollen.
Nicht perfekter.
Nicht erfolgreicher.
Nicht schneller.
Nur bewusster.

Ich hätte öfter atmen sollen,
nicht nur Luft holen.
Ich hätte öfter fühlen sollen,
nicht nur reagieren.
Ich hätte öfter lauschen sollen,
nicht nur hören.
Ich hätte öfter schauen sollen,
nicht nur sehen.

Und jetzt,
wo ich es endlich verstehe,
kann ich es nicht mehr ändern.
Aber du kannst es.
Du, der du noch atmest,
noch riechst,
noch fühlst,
noch lächelst,
noch antworten kannst.

Du kannst die Blume riechen,
die ich übersehen habe.
Du kannst den Sand fühlen,
den ich nicht gehalten habe.
Du kannst dem Kind antworten,
dem ich nicht zugehört habe.
Du kannst die Stille hören,
die ich ignoriert habe.
Du kannst das Wasser trinken,
das mich hätte retten können.

Du kannst bewusst leben,
jetzt,
hier,
in diesem Moment.

Nicht später.
Nicht irgendwann.
Nicht erst,
wenn du durch klare Gläser zurückblickst.

Bewusstsein ist kein Zustand.
Es ist eine Wahl.
Eine Haltung.
Ein Geschenk,
das du dir selbst machst.

Also lebe.
Wach.
Echt.
Bewusst.

Für dich.
Für das Leben.
Für all das,
was ich erst jetzt sehe.

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