Manchmal ist das Schwerste nicht das Gehen.
Das Schwerste ist das Stehenbleiben, während die Welt sich einfach weiterbewegt,
als wäre nichts passiert.
Als wäre da keine Lücke im Gefüge, groß wie ein Kontinent.
Als wäre die Luft nicht plötzlich dünner geworden,
nur weil ein einziger Herzschlag aus dem Takt geraten ist.

Früher dachte ich, Verlust sei ein plötzlicher Knall.
Ein Einsturz.
Aber es ist eher wie eine schleichende Entwertung aller Wörter.
„Zukunft“ klingt jetzt wie eine Drohung.
„Erinnerung“ wie eine Haftstrafe.
Und das Wort „zusammen“… das Wort ist jetzt eine Ruine,
durch die der Wind pfeift und Geschichten erzählt,
die niemand mehr zu Ende schreibt.

​Hast du jemals diese eine Person gehabt,
die dein Sicherheitsnetz war, ohne dass du es wusstest?
Nicht, weil sie dich hielt, sondern weil sie einfach da war.
Ein Anker, der nicht beschwert, sondern hält.
Jemand, mit dem du eine Geheimsprache aus Blicken entwickelt hast,
für die es kein Wörterbuch gibt, außer eure gemeinsame Zeit.

Und dann ist da dieser Moment, in dem die Zeitachse bricht.
Das „Vorher“ und das „Nachher“ knallen ungebremst aufeinander,
und du stehst in den Trümmern und suchst nach dem Sinn.
Du suchst ihn in alten Nachrichten, in den Falten deines Kopfkissens,
in den Gesichtern von Fremden, die so tun, als wäre alles normal.

Man fragt dich: „Wie geht es dir?“
Und du antwortest: „Es geht.“
Aber eigentlich meinst du: Ich lerne gerade eine neue Sprache.
Eine Sprache, die ohne Schallwellen auskommt.
Ein Dialekt aus Blicken, die ins Leere gehen und dennoch etwas treffen.

Es ist dieses geheime Wissen in den Fingerspitzen.
Wenn ich eine Tasse halte oder die Tür aufschließe,
und da ist dieser Bruchteil einer Sekunde, in dem meine Hand
noch genau weiß, wie deine Hand sich angefühlt hat.
Das ist die Zweisamkeit im Verborgenen.
Ein Gespräch, das unter der Oberfläche der Welt einfach weiterläuft,
während ich da draußen im Licht so tue, als wäre ich allein.

​​Doch inmitten dieser Leere begreifst du etwas:
Diese Schwerkraft, die dich jetzt nach unten zieht –
das ist das Gewicht der Bedeutung.
Es ist der Preis für eine Liebe, die keine Bedingungen kannte.
Eine Liebe, die so tief saß, dass sie die Statik deines gesamten Lebens verändert hat.

​Vielleicht ist das die eigentliche Prüfung:
Nicht zu vergessen, um den Schmerz zu lindern.
Sondern den Schmerz zu tragen, um die Verbindung zu ehren.
Ihn als Medaille zu tragen, unsichtbar unter der Haut.

​Ich stehe hier und trage dein Fehlen wie einen zu großen Mantel.
Er ist schwer. Er ist kalt.
Aber er riecht noch nach dir.
Und solange ich ihn nicht ablege,
bist du nicht weg.
Du bist nur… auf der anderen Seite der Stille.

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